(Kiel)  Mit der Frage der Deckungserweiterung in einer Betriebshaftpflicht- versicherung mit sog. „Bauunternehmerpolice“ musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 16.07.2020, Az. 12 U 22/20, auseinandersetzten.

Die Entscheidung musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob eine solche Police auch „Schäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten“ mit umfasst.

Das OLG Karlsruhe entschied dahingehend, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, dass ein hiernach versicherter Folgeschaden beim Generalunternehmer auch den Schaden erfasst, der als infolge einer mangelhaften Leistung nach Abnahme oder Fertigstellung in einem anderen, von seinem Auftrag ebenfalls umfassten Gewerk verursacht wird, sofern die beiden Gewerke nicht in einem funktionalen Zusammenhang stehen.

Die Klägerin begehrte Versicherungsschutz im Rahmen eines mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrages, eine Betriebshaftpflichtversicherung beinhaltend.

Die Klägerin als Generalunternehmerin mit der schlüsselfertigen Errichtung einer Asylbewerberunterkunft beauftragt.

Die Klägerin wurde hinsichtlich eines Leitungswasserschadens innerhalb des errichteten Gebäudes unterrichtet, der auf eine nicht hinreichende Verpressung der Pressmuffe der betroffenen Wasserleitung zurückzuführen war.

Die Sanierung des Wasserschadens löste Kosten i.H.v. ca. € 19.000,00 aus. Den Ersatz dieser Kosten begehrt die Klägerin von der Beklagten, mit der sie eine Betriebshaftpflicht- und Umwelthaftpflicht-Basisversicherung einschließlich Umwelthaftpflicht-Regeressversicherung für Generalunternehmer für Wohn- und Gewerbebau sowie für Heizungs-, Gas-, Wasser- und Lüftungsinstallateure abgeschlossen hat.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass von einem Folgeschaden im Sinne der Bauunternehmerpolice auszugehen ist, sofern der Schaden außerhalb der eigenen Werkleistung des Versicherungsnehmers auftritt. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Schaden an einem fremden Gewerk eingetreten sei.

Der erkennende Senat legt die Mangelbeseitigungsnebenkosten-Klausel dahingehend aus, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Betriebshaftpflicht-Versicherung für Generalunternehmer mitversicherte Folgeschäden jedenfalls auch solche Mangelschäden an einem Gewerk innerhalb seiner Werkleistung sind, die durch einen Mangel in einem anderen, damit nicht in funktionalem Zusammenhang stehenden Gewerk des Unternehmers nach dem Zeitpunkt der Abnahme bzw. Abnahmereife hervorgerufen wurden.

Die Versicherungsklausel sieht eine Begrenzung des Versicherungsschutzes auf Mangelfolgeschäden oder Schäden neben der Leistung nicht vor. Der Begriff des „Folgeschadens“ ist weit gefasst und differenziert im Unterschied zu anderen Klauseln der Police nicht zwischen einzelnen Schadensarten, wie beispielsweise Vermögens- und Sachschäden.

Dem Generalunternehmer werden gebündelt alle Gewerke der Bauleistungen übertragen. Beim Werkvertrag schuldet der Auftragnehmer im Rahmen der getroffenen Vereinbarung ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk, das insbesondere eine ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit oder zugesicherte Eigenschaft aufweisen muss.

Sofern die Leistung nicht die vereinbarte Beschaffenheit oder zugesicherte Eigenschaft aufweist, ist dieselbe mangelhaft und löst Gewährleistungsansprüche aus. Dies sind nicht versicherte vertragliche Erfüllungsansprüche (§ 4 Abs. 1 NR 6 Abs. 3 AHB).

Sofern der Werkunternehmer die Errichtung eines ganzen Gebäudes schuldet sind alle weiteren Mängel, die infolge eines Auftragsmangels entstehen sog. „Weiterfressermängel“, die im Rahmen des Nacherfüllungsanspruches zu beseitigen sind. Sofern die hierbei bedingten Kosten dem Ausschlusstatbestand der „Mängelbeseitigung“ unterfallen, würde dies für den Versicherungsvertrag mit einem Generalunternehmer bedeuten, dass sie durch die Mangelnebenkostenklausel bezweckte Erweiterung des Versicherungsschutzes weitgehend leerliefe, weil Schäden regelmäßig nur in dessen Leistungsbereich entstehen.

Der Generalunternehmer darf die einschränkende Formulierung „des Mangels … selbst“ dahingehend verstehen, dass der Versicherungsschutz nicht die (Nach-) Erfüllung zur Beseitigung der von ihm gesetzten Mangelursache umfasst, sich aber auf Mängel erstreckt, die an sich im Abnahmezeitpunkt als der maßgeblichen Zäsur zwischen Erfüllungsstadium und Gewährleistungsphase mangelfreien Gewerken entstehen. Aus Sicht deines verständigen Versicherungsnehmers, der Generalunternehmer ist, tritt die Zusammenfassung der Gewerke in einem Werkvertrag jedenfalls in den Hintergrund, sofern zwischen diesen Gewerken bei natürlicher Lebensanschauung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung ein funktionaler Zusammenhang nicht gegeben ist.

Für diese Auslegung spricht auch die Rspr. des BGH, wonach bei Auftreten eines Folgeschadens von dem Versicherungsschutz auch Kosten für Maßnahmen der Mangelbeseitigung umfass sind, die zugleich zur Beseitigung eines Mangelfolgeschadens erforderlich sind. So nahm der BGH an, dass auch die Kosten eines Sanitärunternehmens für die Freilegung und Neuverlegung eines schadhaften Bauteils (einer Rohrleitung) Teil der versicherten Beseitigung eines Mangelfolgeschadens sind, weil dadurch zugleich der Mangelfolgeschaden in Form einer Durchfeuchtung der unter den Rohren gelegenen Bäder behoben werde (vgl. BGH Urt. v. 20.11.2990 – IV ZR 229/89).

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de – verwies.

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Helene – Monika Filiz
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