(Kiel) Ein Widerruf bei Verbraucherverträgen nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§  355 ff. Widerrufsrecht für Verbraucher BGB) gegenüber dem Unternehmer kann auch dann erfolgen, wenn derselbe vorher erklärt hatte, es sei  kein rechtswirksamer Vertrag geschlossen worden.

 Umfasst sind nach § 357 Abs. 8 BGB mit der Formulierung  „Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen“ auch Werk- und Dienstleistungen, die ihrer Natur nach eine Rückgewähr ausschließen.

Dies, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, ist bei Architektenleistungen der Fall.

Das OLG Stuttgart, Urt. V. 17.7.2018 – 10 U 143/17, NJW 2018, 3394 hatte dies in dem vorgenannten Sinne entschieden. Die dem OLG Stuttgart vorliegende Honorarklage eines Architekten für bereits begonnene Planungsarbeiten für zwei Bauvorhaben wurde im Ergebnis abschlägig beschieden.

Dem Architekten stand kein Honoraranspruch zu, weil der Beklagte in dem einen Fall seine auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung rechtswirksam, insbesondere fristgemäß, widerrufen hatte.

Dem Beklagten stand ein Widerrufsrecht nach den §§ 312 ff. BGB (in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung) zu.

Der Planervertrag sei zwei kein Vertrag über den Bau von neuen Gebäuden im Sinne des          § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Allerdings sei das behauptete Rechtsverhältnis ein Verbrauchervertrag im Sinne der §§ 310 Abs. 3, 312 Abs. 1 BGB, so dass die §§ 312 ff. BGB anwendbar sind.

Dem klägerischen Vorbringen des Architekten folgend, war derselbe anlässlich einer abendlichen Einladung bei einer Zeugin von dem Beklagten mit der Erbringung der Planungsleistungen, die zu der strittigen Honorarforderung desselben führte, beauftragt worden.

Da es sich um einen Vertrag, der außerhalb der Geschäftsräume des Architekten geschlossen worden war, handelte, stand dem Beklagten nach Maßgabe des § 312 g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 2 BGB zu. Das bedeutet, dass der Verbraucher seine Willenserklärung durch eine Erklärung gegenüber dem Unternehmer fristgerecht widerrufen kann. Hierbei ist noch nicht einmal die Verwendung des Begriffs „Widerruf“ erforderlich. Es genügt, wenn sich aus der Erklärung des Verbrauchers eindeutig ergibt, dass er den Vertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen will. Zwar hatte der Beklagte in dem konkreten Fall nicht die Formulierung „Widerruf“ verwandt. Gleichwohl hatte er schriftlich gegenüber dem Unternehmer zum Ausdruck gebracht, dass kein Vertrag abgeschlossen worden sei. Damit habe der Beklagte ausdrücklich mitgeteilt, dass er den behaupteten Vertrag nicht gegen sich gelten lassen will.

Ein Widerruf sei auch möglich, wenn der Verbraucher der Meinung ist, dass es noch nicht einmal zu dem von dem Unternehmer behaupteten Vertrag gekommen ist. Die Rspr. des BGH hält auch den Widerruf eines nichtigen Vertrages für möglich (BGHZ 183, 235 = NJW 2010,610).

Vorliegend war der Widerruf auch fristgerecht innerhalb der 14-tägigen Widerrufsrecht nach   § 355 Abs. 2 1 BGB erklärt worden, da die Frist nach Maßgabe des § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nicht zu laufen beginnt, bevor der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt hat.

Durch den rechtswirksamen Widerruf sind die Parteien nicht mehr an ihre auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärungen gebunden. Die wechselseitig empfangenen Leistungen sind nach Maßgabe des § 357 Abs. 1 BGB zurückzugewähren.

Bei einem Dienstleistungsvertrag hat der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistung nach Maßgabe des § 357 Abs. 8 S. 1 und 2 BGB allerdings nur dann zu leisten, wenn der Verbraucher ausdrücklich verlangt hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsrechts mit der Leistungserbringung anfängt.

Vorliegend hatte der Kläger den beklagten Verbraucher nicht über das ihm zustehende Widerrufsrecht und einen möglichen Wertersatz unterrichtet. Daraus folgt, dass dem Unternehmer auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche nach Maßgabe der §§ 812 ff. BGB zustehen .

Bezüglich des zweiten Bauvorhabens fehlte es bereits an einer Beauftragung, weil es sich hierbei um bloße Akquiseleistungen gehandelt hat.

Interessant und für die zukünftige Praxis von besonderen Interesse ist diese Entscheidung insbesondere unter dem Aspekt, dass der beklagte Verbraucher in dem Verfahren noch nicht einmal einen Widerruf geltend gemacht hatte. Da der Widerruf keine Einrede ist, die die Partei ausdrücklich im Verfahren erheben muss, war dies allerdings von Amts wegen zu berücksichtigen. Dies besonders praxisrelevante Entscheidung gilt es zukünftig in besonderem Maße zu beachten.

Filiz empfahl dringend, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Helene – Monika Filiz
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Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

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