(Kiel)   Im Rahmen der Abwicklung komplexer Bauvorhaben stellt die Einschaltung von Subunternehmen, zur Erfüllung eigener, vertraglich übernommener werkvertraglicher Erfüllungspflichten, den Regelfall dar.

Weitestgehend unbekannt, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, ist das rechtliche Risiko des Auftraggebers im Rahmen der Subunternehmerkette.

Grundsätzlich muss allerdings der Generalunternehmer auf die Einhaltung tariflicher Mindestlohnbestimmungen sowie die fristgerechte und vollständige Abführung von Sozialabgaben achten. Sofern durch ein Verschulden eines Subunternehmers diese zwingenden Vorgaben nicht eingehalten werden, riskiert der Generalunternehmer bzw. der jeweilige Auftraggeber in der Subunternehmerkette entsprechende nachrangige Haftung. Dies führt zu wirtschaftlichen Nachteilen, die – angesichts des fehlenden Problembewusstseins in diesem Bereich – weitestgehend nicht einkalkuliert sind. Schlimmstenfalls wird nicht nur das Liquiditätsinteresse tangiert, sondern führt sogar zu einer Insolvenz des Baubetriebs.

Das Risiko, dass der Subunternehmer, angesichts eines Liquiditätsengpasses, den Arbeitnehmern den Lohn nicht, nicht in vollständiger Höhe oder nicht rechtzeitig bezahlt und die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt, genügt dem Grunde nach für die nachrangige Haftung des Generalunternehmers. Auch das Risiko, dass die Zollfahndung Schwarzarbeiter bei dem Subunternehmer auffindet, der Subunternehmer aber die entsprechenden Zahlungen nicht tätigen kann, trägt der Generalunternehmer.

Diese Fallgestaltung im Sinne einer Nachunternehmerfalle lag in dem nachstehenden Fall vor:

Das Hauptunternehmen war mit der Errichtung des Rohbaus für ein Ärztehaus beauftragt. Die Fertigung der Bodenplatte übertrag das Unternehmen auf einen Subunternehmen. Derselbe entrichtete allerdings keine Beiträge zur Unfallversicherung für seine Arbeitnehmer. Die BG Bau forderte diese Beiträge vom Generalunternehmer, mit der Begrünung, derselbe habe den Auftrag für die Bodenplatte erteilt.

Das Hauptunternehmen erhob Klage gegen den entsprechenden Beitragsbescheid vor dem Sozialgericht mit der Begründung, dass die gesetzliche Haftung des Nachunternehmers erst ab einem Mindestwert gelte. Vorliegend sei das Auftragsvolumen geringer, so dass die Nachunternehmerhaftung nicht eingreife.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag der Mindestwert bei € 500.000,00, wobei auf den geschätzten Gesamtwert des Bauwerks und die hierfür beauftragten Bauleistungen abzustellen war. Mittlerweile wurde dieser Wert auf € 275.00,00 festgelegt

Letztlich hat das Bundessozialgericht (BSG) vom 26. Oktober 2017 (Az.: B 2 U 1/15) die Frage, worauf sich der Mindestauftragswert bezieht, entschieden.

Die streitentscheidende Rechtsfrage, worauf sich der minimale Auftragswert konkret bezieht, war bis dahin streitig. Gedanklich kann man auf das Gesamt­volumen an Aufträgen, die der Bauherr für Realisierung des Bauprojekts vergibt, oder auf den Gesamtwert der Aufträge, die der Haupt­unternehmer mit dem säumigen Sub­unternehmer vereinbart hat beziehen.

Das Bundessozialgericht hat letztlich dahingehend entschieden, dass der Minimalwert, unter Zugrundelegung des Gesamtwertes der Bauleistungen, die ein Bauunternehmer an alle seine Nachunternehmer, also nicht nur an das  konkrete, säumige Nachunternehmer, erteilt worden ist, entscheidend ist.

Dieser Mindestwert bestimmt, ab welcher Auftragssumme zahlungsunfähige oder zahlungsunwillige Subunternehmer zum finanziellen Risiko für den Auftraggeber bzw. Generalunternehmer werden können.

In dem zu entscheidenden Fall belief sich das Gesamtvolumen auf ca. € 3,6 Mio. Der Rohbauauftrag hatte eine Auftragssumme von ca. € 1,00 Mio. Der Wert des einzigen Nachunternehmerauftrages belief sich auf € 20.000,00. Da das Hauptunternehmen lediglich einen Auftrag i.H.v. € 20.000,00 an einen Subunternehmer erteilt hat, war der Minimalwert in dem konkreten Fall nicht erreicht. Eine Nachunternehmerhaftung war mangels Erreichens des Minimalwertes nicht bedingt. Insoweit musste der Hauptunternehmer die offenen Beiträge zur Unfallversicherung des Subunternehmers nicht begleichen.

Gerade kleine und mittelständische Handwerks- und Bauunternehmen müssen daher den Gesamtwert der ihrerseits vergebenen Aufträge i.H.v. € 275.000,00 bedenken und v.a. Dingen die wirtschaftlichen Risiken bei Überschreiten dieser Mindestsumme einkalkulieren.

Da die vom Hauptunternehmen selbst durchgeführten Arbeiten bei der Berechnung der Mindestsumme nicht berücksichtigt werden, ist es gerade im Bereich der Schwelle zur Nachunternehmerhaftung ggf. wirtschaftlich rentabel, dahingehen zu optieren.

Auch lehrt diese Entscheidung, dass im Falle einer Heranziehung durch die BG-Bau bzw. der SOKA-Beiträge oder Sozialversicherungsbeiträge minutiös der Mindestauftragswert zu ermitteln ist.

Letztlich ist aber auch stets noch zu prüfen, ob der Unternehmer, angesichts seiner konkreten Recherchen und Informationen davon ausgehen durfte, dass der Nachunternehmer seine Zahlungspflichten erfüllt. Auch unter diesem Aspekt kann die Nachunternehmerhaftung unter Umständen entfallen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz
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