(Kiel) Sachverständigengutachten sind im Bauprozess nicht wegzudenken. Oftmals sind sie Dreh- und Angelpunkt vieler baurechtlicher Streitigkeiten. Die Sachverständigengutachten werden entweder vom Gericht eingeholt oder die Partei, die das selbständige Beweisverfahren initiiert hat oder mit Baumängel konfrontiert wird, benötigt vorgerichtliche oder gerichtliche Hilfe eigener Sachverständiger.

Hier, so die Bad Hersfelder Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Daniela Morbach vom VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, geht es um die zuletzt genannte Alternative der Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens.

Ist der Bauprozess erledigt, geht es um die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten des privaten Gutachtens. Hier haben Bauunternehmern bisweilen erhebliche Probleme, die entstandenen Kosten privater Sachverständigengutachten festsetzen zu lassen. In der Vergangenheit wurde von den Gerichten stets die Meinung vertreten, dass eine „Fachfirma“ mit ausreichendem Sachverstand und Wissen ausgestattet ist, so dass es einer Beauftragung eines Privatsachverständigen zur Unterstützung im Prozess nicht bedarf.

Demgegenüber wurde der Bauherr stets als „unterlegene Partei“ anerkannt, die sich sowohl zur Vorbereitung eines Prozesses, als auch prozessbegleitend Privatsachverständiger bedienen darf. Diese Kosten wurden regelmäßig ohne Beanstandung festgesetzt.

Mit dieser einhelligen Meinung könnte nun Schluss sein betont Morbach, denn:

Das OLG München hat in seinem Beschluss vom 13.08.2018 zu Aktenzeichen 11 W 821/18 erstmals eine begrüßenswerte Entscheidung erlassen: Dem Sachverhalt lag ein umfangreicher, seit Jahren geführter Bauprozess zugrunde. Es ging um Mangelbeseitigungsarbeiten und Schadenersatz im Zusammenhang mit dem von der Beklagten errichteten Fertighauses. Die Kläger haben sich vorprozessual als auch während des Prozesses eines Privatgutachters bedient, der umfangreiche Privatgutachten erstellt hat, die in das Verfahren eingeführt wurden. Die Beklagte sah sich schließlich veranlasst, ebenfalls einen privaten Sachverständigen zu beauftragen, um sich gegen die sowohl privatgutachterlich behaupteten Mängel, als auch die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen erhobenen Ausführungen zur Wehr setzen zu können.

Nach Beendigung des Verfahrens wurde im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens über die jeweils entstandenen Privatsachverständigenkosten gestritten. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass sich die beklagte Fertighausherstellerin keiner Privatsachverständigenhilfe bedienen durfte, da eigener Sachverstand vorhanden sei.

Das Landgericht Landshut hat die entstandenen Privatsachverständigenkosten des Klägers als auch der Beklagten als erstattungsfähig angesehen und die Einschaltung des privaten Sachverständigen durch die Beklagte als prozessförderlich angesehen. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Das OLG München bestätigt die Erstattungsfähigkeit der privaten Sachverständigenkosten der beklagten Fertighausherstellerin und führt aus, dass sich auch eine Fertighausherstellerin bei komplexer, technischer Fragen unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit privatgutachterlicher Hilfe bedienen darf. Zwar sei davon auszugehen, dass sie „als auf dem Markt seit Jahrzehnten etablierter Fertighäuserhersteller, durchaus über eine gewisse Fachkunde verfügt“; gleichwohl kann nicht per se unterstellt werden, dass bei fachspezifischen Fragestellung ausreichend Fachkenntnisse vorliegen, um „auf Augenhöhe und hinreichend fachlich qualifiziert sowohl gegen den gerichtlich bestellten als auch gegen den der Klagepartei beauftragten Sachverständigen zu argumentieren“. Schließlich sei der Umstand, dass sich der gerichtlich bestellte Sachverständige auch mit den Ausführungen des Privatgutachters der Fertighausherstellerin auseinandersetzen musste, dass die Inanspruchnahme eines Privatgutachters aus Sicht einer „verständigenden Partei“ geboten erscheint.

Die Entscheidung des OLG München ist begrüßenswert, so Morbach. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Entscheidung in der Justiz etabliert und nicht mehr per se die Erstattungsfähigkeit der Privatgutachter im Bauprozess, die ein Bauunternehmen festsetzt, zurückweist.

Regelmäßig blieben Fertighaushersteller und Bauunternehmen auf den Kosten ihrer privaten Sachverständigengutachten sitzen, obgleich einem jedem bekannt ist, dass Bauprozesse ohne das Einkaufen von Fachwissen heute nicht mehr geführt werden können und die Einholung von Privatgutachten eine zentrale Rolle im Bauprozess spielt.

Morbach empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Rechtsanwalt Jochen Kreissl, Rechtsanwältin Daniela Morbach, Rechtsanwalt Marius Götzel und Rechtsanwältin Gabi Viehmann sind Rechtsanwälte der Bundesrepublik Deutschland.
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