(Kiel) Der Einzelhandel ist durch die pandemiebedingten Geschäftsschließungen wirtschaftlich – teilweise existentiell – betroffen. Die mietvertragliche Verpflichtung zur Mietzahlung besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob das Mietobjekt genutzt wird oder nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH – Az. XII ZR 8/21) hat in seiner mündlichen Verhandlung angedeutet, dass Einzelhändler, die mit ihrem Vermieter über die Miete im Corona-Lockdown streiten, voraussichtlich nicht von einer hälftigen Beteiligung des Vermieters ausgehen können. Es ist vielmehr im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzung einer Mietanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorliegen. Eine Entscheidung wird durch den BGH am 12.01.2022 verkündet werden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

Durch die behördliche Anordnung von Schließungen war vielen Geschäften von heute auf morgen die Existenzgrundlage entzogen. Die fixen Kosten, wie beispielsweise Mietzahlungen, fallen gleichwohl weiter an, obgleich Einnahmen nicht generiert werden. Vermieter haben auf derartige Konstellationen in unterschiedlicher Weise reagiert. Zum Teil wurden Anpassungen schlichtweg abgelehnt. Zum Teil war ein entsprechendes Entgegenkommen vermieterseits feststellbar. § 313 BGB sieht grundsätzlich für die Fälle der sog. Störung der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Bedingungen, die von beiden Parteien bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen werden konnten, vor.

Daraus folgt aber nicht, dass dem Geschäftsinhaber ein automatischer Anpassungsanspruch zusteht.

Das OLG Dresden, 24.02.2021 – 5 U 1782/20,  führte aus, dass das Risiko nicht allein vom Mieter zu tragen sei. Es ging bei der ersten Fallkonstellation um eine Filiale des Textildiscounters KIK, die im Zeitraum 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen werden musste. Der Vermieter begehrte für diesen Zeitraum die vollständige Miete i.H.v. € 7.850,00. Das OLG Dresden war der Ansicht, dass die Fa. KIK nur ca. 50 % der Miete zahlen müsse. Vorliegend habe sich nicht nur das „normale Risiko“, sondern im Hinblick auf „weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie“, ein darüber hinausgehendes Risiko realisiert. Das Risiko einer solchen Systemkrise könne nicht allein einer Vertragspartei auferlegt werden. (OLG Dresden, Geschäftsraummiete während Corona-Pandemie, BeckRS 2021, 2461. Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16. Daßbach/Bayrak, Daßbach/Bayrak: Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185. Krepold, Gewerbemietverträge in Zeiten der Corona-Pandemie, WM 2020, 726).

Eine  generelle hälftige Beteiligung des Geschäftsrisikos sei allerdings, folgt man den Ausführungen der BGH Richter, zu pauschal. Es hat in jedem Einzelfall eine Prüfung zu erfolgen. Es ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, ob der betroffene Geschäftsinhaber staatliche Hilfen oder Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung erhalten hat.

Über die Entscheidung des BGH wird zeitnah Anfang Januar 2022 berichtet werden.

Filiz empfahl daher, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht /
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

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