(Kiel)   Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrags, dass das Honorar durch einen Gutachter als Schlichter bestimmt und dessen Bewertung von beiden Vertragsparteien akzeptiert wird, sind die Feststellungen des Gutachters verbindlich und können in einem Gerichtsverfahren nur auf offenbare Unrichtigkeit hin überprüft werden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 26.03.2019 – 27 U 151/17; BGH, Beschluss vom 04.12.2019 – VII ZR 82/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Sachverhalt:

Architekt A macht seinerseits offene Honoraransprüche geltend, die auf einem Architektenvertrag beruhten, der u.a. folgende Regelung enthielt:

Für „Streitigkeiten aus diesem Vertrag (wird) der Gutachter ### als Schlichter bestimmt“.

Darüber hinaus ist eine Regelung dahingehend getroffen, dass „die Bewertung des Honorars aus diesem Vertrag“ „durch Herrn ### „ erfolgt und „von beiden Vertragsparteien so akzeptiert“ wird.

Der Gutachter hatte eine Bewertung des Honorars vorgenommen.

Das erstinstanzlich erkennende Gericht hatte die Klage des Architekten abgewiesen. Die Klageabweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund der getroffenen Vereinbarung zur Honorarhöhe, eine weitergehende Forderung des A, unter Zugrundlegung des Gutachtens, ausschließe. Auch seien die Ansprüche des A verjährt.

Entscheidung

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung zum KG war demgegenüber erfolgreich. Es ist der Ansicht, dass keine Vereinbarung zwischen den Parteien vorläge, die weitere Honoraransprüche ausschließe. Auch sei keine Verjährung eingetreten.

Bezüglich der Honorarhöhe sei eine Schiedsgutachtenvereinbarung abgeschlossen worden. In einem solchen Fall obliege es einem Schiedsgutachter, lediglich Tatsachen festzustellen, ohne über die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen zu entscheiden.

Der Schiedsgutachtervertrag habe somit lediglich einen die Parteien und das Gericht bindenden Ausspruch über eine Frage, die im gerichtlichen Verfahren gegebenenfalls als Tatbestandselement auftauchen kann, zum Ziele, ohne dass der Schiedsgutachter die abschließende Folgerung zieht, die sich aus der von ihm gegebenen Beantwortung für die endgültige Entscheidung ergebe.

Die von einem Schiedsgutachter getroffenen Feststellungen und Leistungsbestimmungen seien dabei grundsätzlich für die Parteien der Abrede und in gleicher Weise für ein mit der Sache befasstes Gericht verbindlich. Sie seien im gerichtlichen Verfahren nur im Rahmen des § 319 BGB auf offenbare Unrichtigkeit, zu der auch schwer wiegende Verfahrensmängel wie die Parteilichkeit des Schiedsgutachters zählen können. Mithin könne ein solches Gutachten nur unter dem Gesichtspunkt einer offenbaren Unrichtigkeit überprüft werden. Der Senat sehe sich – abweichend von der Beurteilung des Landgerichts – grundsätzlich an die Feststellungen des Schiedsgutachters gebunden.

Praxis- und Gestaltungshinweise:

Es entspricht dem häufig geäußerten Wunsch von Baubeteiligten, dass eine Schiedsgutachten eingeholt wird. Dieser Wunsch scheitert in aller Regel an der mangelnden Durchsetzbarkeit.

Im Hinblick auf Schiedsgutachterklauseln ist hinsichtlich der Sach- und Rechtsfragen minutiös zu differenzieren. Sofern es nicht nur um Tatsachenfragen, sondern auch Rechtsfragen Gegenstand des Schiedsgutachtens sind, wird der Schiedsgutachter den Konflikt nicht alleine beurteilen können.

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Vorliegen eines Mangels, zumindest auch, von der Auslegung des zugrundeliegenden Vertrages abhängig ist. Dann kann und darf der Schiedsgutachter diese Frage nicht alleine beurteilen.

Eine weitergehende Problematik kann sich daraus ergeben, dass einer der Beteiligten, z. B. ein Generalunternehmer, seinerseits Nachunternehmer eingesetzt hat, die ihrerseits an ein Schiedsgutachten nicht gebunden sind. Insoweit wird man bei der Gestaltung entsprechender Verträge ein besonderes Augenmerk auf die Einbeziehung möglichst vieler Nachunternehmer halten müssen.

Problematisch gestaltet sich die Gestaltung von Schiedsgutachterklauseln auch im Zusammenhang mit der Beteiligung von Planern, weil die Haftung derselben für Baumängel in Frage stehen kann. Die Haftpflichtversicherer von Planern behalten sich häufig die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die ausführenden Bauunternehmen vor und melden diesbezüglich Bedenken an.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

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