(Kiel)  Mit der praxisrelevanten Fragestellung der Umsatzsteuerpflichtigkeit von Bauleistungen, sofern dies nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart worden ist, hat sich der BGH in zwei Entscheidungen (vgl. BGH VII ZR 157/17 vom 17.05.2018 sowie BGH VII ZR 6/18 vom 10.01.2019) auseinandergesetzt.

Diese Fragestellung, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, da eine Fehlkalkulation dahingehend, dass die Umsatzsteuer einerseits nicht vereinnahmt, andererseits aber gegebenenfalls an das Finanzamt gleichwohl abgeführt werden muss, mit 38 % (2 x 19 %) wirtschaftlich zu bewerten ist. Dies kann dann – trotz mangelfreier Leistung im Übrigen – für Bauunternehmen zu ruinösen wirtschaftliche Folgen führen.

Der Sachverhalt stellte sich dem BGH, den Grundkonstellation folgend, wie folgt dar:

Ein Bauunternehmer hatte für einen Bauträger Bauleistungen erbracht. Gemäß des nachstehend wiedergegeben Wortlautes des § 13 b Abs. 6 Satz 23 Halbsatz 1 UStG 2011 ging die damalige Praxis der Finanzämter davon aus, dass der Auftraggeber die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführt.

„In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt.“

Der Bauunternehmer hatte seine werkvertragliche Leistung erbracht und die Umsatzsteuer  dem Bauträger gegenüber nicht berechnet. Allerdings hatte der Bauträger seinerseits die auf die Bauleistung entfallende Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt.

Im Jahre 2013 entschied alsdann der Bundesfinanzhof (BFH), dass die vorgenannte Regelung keine Anwendung auf Bauträger findet.

Alsdann stellte sich für den Bauunternehmer die spannende Fragestellung, ob die nicht vereinnahmte Umsatzsteuer, gleichwohl an das Finanzamt abführen muss und/oder ob er hinsichtlich dieses „Differenzbetrages“ eine nachträgliche Rechnungstellung gegenüber dem Bauträger tätigen kann.

Der BGH gelangte zu der Entscheidung, dass im Rahmen  einer ergänzenden Vertragsauslegung die vertragliche Vereinbarung dahingehend auszulegen ist, dass der Bauträger die Umsatzsteuer gegenüber dem Werkunternehmer schuldet. Grundüberlegung war in diesem Zusammenhang, dass die Vertragsparteien, hätten sie die geänderte Rechtsprechung des BFH und die darauf beruhende Praxis der Finanzverwaltung gekannt, dies im Rahmen ihrer Vereinbarung anderweitig geregelt hätten.  Daher ergibt eine angemessen Abwägung der Parteiinteressen, dass ein redlicher Vertragspartner, dies bei der vertraglichen Regelung mit berücksichtigt und somit gegenüber dem Werkunternehmer auch geschuldet hätte.

Gleichwohl liegt das Insolvenzrisiko – infolge der geänderten BFH-Rspr. – bei dem Werkunternehmer.  Insoweit ist bei der vertraglichen Regelung hinsichtlich möglicher Ausnahmetatbestände nach dem Umsatzsteuergesetz mit der gebotenen Vorsicht eines redlichen Kaufmannes zu agieren und im Zweifelsfall eher auf den Grundsatz, nämlich, dass der Werkunternehmer die Umsatzsteuer auf die ausgeführte Leistung gegenüber dem Finanzamt schuldet, festzuhalten. Die komplizierten umsatzsteuerrechtlichen Fragestellungen sind nicht ohne Weiteres für den Werkunternehmer nachvollziehbar. Hier bedarf es fundierter bau- und steuerrechtlicher Kenntnisse.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und ArchitektenrechtPräsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

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